Montag, 20. Juni 2005

Solcha Teil 9

Zitternd warf Amanda sich aufs Bett und vergrub ihr Gesicht im Kopfkissen. Die Erinnerungen drängten jetzt mit aller Macht an die Oberfläche und nur mit einer enormen Willensanstrengung konnte Amanda sie wieder in ihr dunkles Gefängnis verbannen. Schluchzend drehte sie sich auf den Rücken und starrte mit aufgerissenen Augen an die Decke. Nicht noch einmal. Sie wollte so etwas nicht noch einmal erleben. Warum gerade Sandro? Eigentlich fand sie ihn ja recht süß, doch so etwas hätte sie ihm nie zugetraut. Immer noch zitternd drehte sie sich auf die Seite und versuchte alle Erinnerungen an diesen Vorfall von sich zu schieben. Nach einer Weile sank Amanda in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Sie erwachte wieder als jemand sie vorsichtig am Arm berührte. Erschrocken riss sie die Augen auf und für vom Bett hoch. Vor ihr stand Samantha Carter und blickte sie erstaunt an. „Du warst nicht beim Essen, deswegen wollte ich nach dir sehen“, sagte sie, hielt aber inne als sie Amandas zitternden Körper sah. „Alles in Ordnung?“ fragte sie besorgt und umrundete das Bett um zu Amanda zu gelangen. Diese setzte sich wieder auf die Bettkante und barg ihr Gesicht in ihren Händen. Samantha legte vorsichtig einen Arm um ihre Schulter und setzte sich neben sie. „Willst du darüber reden? Hat es etwas mit Sandro zu tun?“ fragte sie leise. Amanda sagte ein Zeit lang gar nichts sondern saß einfach nur da, bis ihr Zittern sich langsam gelegt hatte.
Nach einer Weile holte sie einmal tief Luft und blickte Sam an. „Ich kann nicht darüber reden“, meinte sie und schüttelte den Kopf. „Ich will es einfach nur vergessen.“
„Du musst aber darüber reden, wenn es mit Sandro zu tun hat. Es könnte deine Entscheidung beeinflussen“, drängte Carter sie. Amanda schüttelte vehement den Kopf und presste ihre Hände vor die Ohren. Samantha sah sie erstaunt an. So eine Reaktion hatte sie nicht erwartet. Nachdenklich runzelte sie die Stirn. Da musste noch etwas anderes dahinter stecken, denn so verängstigt wie Amanda war, konnte es nicht an einem vor kurzem passiertem Ereignis liegen. „Geht es dir gut?“ fragte sie sanft und drückte Amandas Schulter etwas fester. Diese schüttelte den Kopf und konnte ihre Tränen nun nicht mehr zurückhalten. Schluchzend barg sie ihr Gesicht an Carters Schulter und klammerte sich an ihr fest. Samantha strich ihr beruhigend über die Schulter und ließ sie nicht los. Als die Schluchzer langsam nachließen schob sie Amanda ein Stück von sich weg und blickte in ihr Gesicht.
Amandas Augen waren rot angelaufen und ihre Nase lief. Sam kramte in ihren Taschen nah einem Taschentuch und drückte es ihr in die Hand. Nachdem die laufende Nase bekämpft war blickte sie Amanda in die Augen. „Willst du darüber reden?“ fragte sie sanft und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Amanda antwortete mit einer komischen Mischung aus einem Schulterzucken und einem Nicken und Sam ließ ihr die Zeit, die sie brauchte um mit ihrer Geschichte zu beginnen.
Nachdem Amanda sich nun entschlossen hatte alles zu erzählen, holte sie noch einmal tief Luft und sah Carter fest in die Augen. Mit leiser Stimme begann sie zu erzählen: „Ich war noch nicht lange an der Uni und kannte mich noch nicht so gut aus. Sie wissen ja wie das ist, wenn man irgendwo neu hinkommt. Jedenfalls wollte ich von einer Vorlesung zurück zu meiner Wohnung und hab mich irgendwie verirrt.“ Amanda hielt einen Moment in ihrem Bericht inne um sich auf das Kommende vorzubereiten. Mittlerweile hatte sie ihr Gesicht wieder abgewandt und starrte blicklos auf den Boden als ob sie noch einmal alles erleben würde. „Ich gelangte in einen Korridor in dem ich vorher noch nie gewesen war und wusste natürlich nicht wie ich da herauskommen sollte. Das Gebäude ist ein reines Labyrinth, wenn man sich dort nicht auskennt. Zwei Jungen aus einem meiner Kurse begegneten mir und boten an mich nach draußen zu begleiten. Ich dachte mir natürlich nichts dabei und folgte ihnen ohne zu fragen.“ Amanda begann erneut zu zittern und Sam legte ihr einen Arm um die Schulter und hielt sie fest. „Sie...sie brachten mich in einen leeren Hörsaal und da wurde ich zum ersten Mal stutzig, doch dann ging alles so schnell und ich hatte keine Gelegenheit mehr an irgendetwas zu denken. Der eine hielt mich fest und drückte mich auf den Boden und der andere versuchte mir die Kleider vom Körper zu reißen.“ Ihr Körper zitterte jetzt stärker und Sam drückte Amanda noch fester an sich. Ihr Blick war total entrückt als würde sie alles noch einmal miterleben, als wäre sie noch einmal an diesem Ort aus ihren Erinnerungen. „Ich hatte nur noch Angst. An etwas anderes konnte ich nicht mehr denken. Ich hab versucht mich zu wehren, aber sie waren zu zweit und viel zu stark für mich und nachdem sie mich ein paar mal geschlagen haben, da hab ich einfach aufgehört mich zu wehren. Es war als hätte ich meinen Körper verlassen und wurde nun als unbeteiligter Beobachter zusehen. Sie hatten mir meinen Rock hochgeschoben und der eine wollte gerade... aber da kam eine der Professorinnen mit ihrem Mann in den Raum, da sie wohl etwas vergessen hatte, und.... und sie bewahrten mich davor vergewaltigt zu werden.“ Amanda schluchzte nun wieder unkontrolliert und man konnte kaum verstehen was sie sagte. „Ich hatte noch Glück, aber ich konnte es einfach nicht vergessen. Die beiden Jungen wurden zwar der Uni verwiesen, doch ich hatte furchtbare Angst wieder dort hinzugehen. Sie haben mich beurlaubt und zu einer Therapeutin geschickt, aber vergessen kann ich es trotzdem nicht. Ich versuche es immer in den hintersten Winkel meiner Gedanken zu verdrängen und es gelingt auch meistens. Als Sandro mich dann heute so berührt hat, habe ich einfach Panik bekommen und konnte nicht anders als wegzulaufen.“
Sam strich ihr sanft übers Haar und redete beruhigend auf sie ein. Sie war tief erschüttert von der Geschichte, die sie gerade gehört hatte und konnte sich endlich einen Reim auf Solchas Bericht machen. Amanda blickte mit blutunterlaufenen Augen zu ihr auf. „Sie dürfen es niemandem erzählen. Versprechen sie mir das“, murmelte sie. Carter nickte. „Ich verspreche es dir“, sagte sie und drückte Amanda wieder an sich bis diese aufhörte zu weinen.
„Willst du jetzt schlafen?“ fragte Sam behutsam und wischte Amanda die Tränen aus dem Gesicht. Diese nickte, kroch unter ihre Bettdecke und schloss die Augen. Sam saß noch lange neben ihr um sicher zu gehen, dass sie auch schlief. Als Amandas Atemzüge tiefer wurden erhob sie sich und verließ leise das Zimmer.

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